Wir verlassen Unsere Liebe Frau im Walde nordwärts ansteigend auf dem „Schöpfungsweg“ Richtung Gasteig (bis hier geteert) und Gampenpass. Das alte Straßenwärterhaus am Pass lässt sich linkerhand auf einem Pfad umfahren, ehe man spätestens auf der Passhöhe (2,1km, 1518m) die Straßenseite wechseln muss. Hier bei der Holzhütte und der Bushaltestelle (also noch vor Erreichen der Gaststätte) zweigt östlich eine geschotterte Forststraße Richtung Mittagsscharte ab, der wir nun bergauf folgen. Doch bereits nach 200 m ist der gemütliche Spaß vorbei. Unser Wanderweg 50 zweigt jäh nach links ab, verlässt das Schotterband und steigt unvermittelt steil himmelwärts. Fahren wird völlig unmöglich. Das Gelände zwingt gar zum Schultern des Bikes. Nach sehr mühsamen 400 Wegmetern wird es etwas erträglicher und Schieben wird schon als Erholung empfunden. Bis zu einem Weggabelung (50/53) bei km 2,94 (1659m) schiebt und trägt man das Bike eine gute Viertelstunde.
Für die nächsten gut 2 km verbleibt die Fortsetzung des Wanderwegs 50 linkerhand, also ostwärts Richtung Mittagsscharte, in der erreichten Höhe. Der Gebirgssteig im Wald ist schmal, wurzelig und bietet ein ständiges Auf und Ab. Ideales Terrain offensichtlich auch für die lokalen Motocrosser, wie verbotenerweise Motorradspuren bezeugen. Ob man nun als Mountainbiker in dieser Passage eher Spaß haben wird oder sie verflucht, hängt entscheidend vom Fahrkönnen ab und der Fähigkeit, das Bike rollen zu lassen. Mit dem nötigen Flow, Körpereinsatz, Gewichtsverlagerung, punktgenauem Pedalmanagement und austariertem Gleichgewichtsgefühl lassen sich nämlich erstaunlich weite Passagen dieser ansonsten als „unfahrbar“ zu deklarierenden Stolper-Traverse flüssig bewältigen.
Die Mittagsscharte (5,3km, 1635m) kündigt sich durch eine erkennbare Senke und eine Pfadverzweigung an, wo wir sehen müssen, dass wir nunmehr nicht mehr dem Weg 50 zum Wechsel (Schönegg) folgen, sondern erst ein Stück südwärts und dann ansteigend auf dem Wanderweg 58 Richtung Felixer Alm. Noch ein steiler Pfad am Tillberg (5,8km, 1700m) zwingt zu einer kurzen Schiebepassage bergauf, dann treffen wir auf eine neu aufgeschüttete Forststraße, auf der wir wieder beschwerdefrei bergauf zur Tillwiese fahren können. Hier lädt rechterhand die idyllisch gelegene Tillhütte (6,3km, 1675m) zu einer Rast. Es ist eine immer geöffnete Biwakschutzhütte mit Feuerstelle. Eine Wasserstelle findet sich unten am Weiher. Wenige Meter nach den Tillwiesen trifft man auf eine Waldkreuzung (6,5km), wo man der Beschilderung 58 zur Felixer Alm folgt. Erst noch leicht bergauf (8,0km), dann in flotter Forststraßenabfahrt bergab.
Nach 10 km vom Start weg gerechnet, erscheint die bewirtschaftete Felixer Alm (1633m) für eine Rast noch zu Früh, aber kaum jemand wird sich der Wirkung der selbst gemachten Kuchen und Speisen entziehen können. Und mit dem Argument, dass ja noch weitere, anstrengende Anstiege folgen werden, wird man sich der notwendigen Nahrungsaufnahme sicher nicht verweigern wollen. In unmittelbarer Nähe, aber etwas versteckt, liegt die Ausflugsraststätte Waldruhe, wo der Name Programm ist. Grund für die Lokalitäten-Häufung ist der idyllisch gelegene Felixer Weiher (10,4km, 1618m) inmitten eines lockeren Lärchenwäldchens und weiten Wiesen. Kitschige Postkarten könnte es nicht schöner zeichnen.
Über den steil ansteigenden Karrenweg 512 geht es nun wieder ostwärts zu der Wegkreuzung „ I Troisi “ (11,6km, 1648m), wo wir uns erst nordwärts und dann wieder westwärts wenden. Relativ viele Verzweigungen in diesem Bereich zwingen zu genauer Kontrolle des GPS-Tracks, sonst findet man sich unversehens auf der tiefer gelegenen Malga di Fondo nach unnötig vernichteten Höhenmetern wieder. Der Karrenweg wird zum Wanderweg und der 512 (ex500) vermeidet den Höhenverlust, indem er sich in der Flanke des Berges als launiger Singletrail mit einigen engen Switchbacks nun abwärts zur Forcella di Gaida zieht, wo wir wieder auf eine Forststraße treffen (13,5km, 1585m). Dieser folgen wir nun für die nächsten 4 km bergauf bis zum Gantkofel, wobei wir einmal auf eine Kreuzung (16,6km, 1780m) stoßen und dort links abbiegen.
Der Gipfel des Gantkofels (Monte Macaion, 17,6km, 1855m) bildet nach dem Felixer Weiher das zweite große Highlight des Tages, hat man doch von der annähernd senkrechten Abbruchkante des Mendelkamms einen atemberaubenden Ausblick auf die Südtiroler Weinstraße ins Etschtal, auf Meran, Bozen und die Dolomitengipfel im Osten. Im Süden erblickt man die Antennenanlagen auf dem Monte Penegal. Wer nicht ganz schwindelfrei ist, sollte jedoch einen Sicherheitsabstand zur Kammkante einhalten.
Wir folgen nun der Kammlinie nach Süden. Die ersten 400 Meter auf der Anfahrtsstrecke, dann auf den schmalen Wanderweg 500 abzweigend (18,0km, 1836m). Der Pfad ist bis zur Großen Scharte (Bus del Macaion, 18,7km, 1802m) nur abwechselnd fahrbar, dann schließt sich ein steiles Wiesenstück aus der Senke bergauf an. Man erreicht auf der Anhöhe (18,8km, 1823m) wieder eine neue Fahrstraße, verlässt diese (und den Wanderweg 500) aber sofort wieder ostseitig auf einer kaum wahrnehmbaren und unmarkierten Fahrspur in der Wiese in Richtung Bergkante und Bergner Kreuz (19,9km, 1778m). Die Singletrails in diesem Bereich sind allesamt unmarkiert und es gehört ein wenig Spürsinn dazu, sich entlang der Abbruchkante immer auf den richtigen Pfaden vorwärts zu bewegen. Ohne GPS-Track auf dem Display wird es schwierig, in dem Spurengewirr den Überblick zu behalten. Die Aussicht vom Bergner Kreuz kann es mit jener vom Gantkofel spielend aufnehmen und die Kammkante ist noch eine Spur akzentuierter. Vom Bergner Kreuz fällt der Pfad nun deutlich steiler und an einigen Stellen auch ausgesetzter Richtung Kematscharte ab (20,3km, 1710m). Um eine kurze, aber unfahrbare Bergaufpassage zu vermeiden, wenden wir uns am Wegweiser direkt an der Scharte nach rechts (WW546), folgen dem Pfad für knapp 100 m und verlassen ihn sofort wieder, sobald wir eine unscheinbare Spur auf dem Waldboden südwärts wahrnehmen (noch bevor der 546 abfällt). Der Pfad schlängelt sich fahrbar durchs Gehölz und trifft in leichter Abfahrt nach weiteren 150 m bei einem umgestürzten Baum wieder auf den bekannten Kammweg (20,6km, 1683m). Wir folgen diesem nun bis wir bei km 22,1 ( 1610m) auf eine aus Holz und Zeltplanen errichtete Schutzhütten-Konstruktion mit Bänken und Feuerstelle treffen. Weiter südwärts folgend, ignorieren wir seitlich abzweigende Fahrwege. Bei mehreren Weggabelungen in Folge (ab 22,7km, 1565m ) halten wir uns immer links entlang der Bergkante, ehe wir auf die Furglauer Scharte (La Forcolana, 23,4km, 1495m) unter dem Monte Penegal stoßen.
Hier verlassen wir den Kammweg westwärts, denn der südwärtige Aufstieg zum 1740 m hohen Monte Penegal wäre weitestgehend unfahrbar. Zunächst als etwas ruppiger Karrenweg, später als gute Schotterstraße, bringt uns die strada forestale in flotter Abfahrt zu den Regole di Malosco (27,4km, 1315m). Hier finden wir auch wieder mehrere Einkehrmöglichkeiten. Eine geteerte Zufahrtsstraße führt von Malosco herauf und ist auch der Grund für häufigen Ausflüglerverkehr zu den sehr schön mit Lärchen bestandenen Wäldern. Die Regole di Malosco sind ein landschaftliches Kleinod, das auf eine jahrhundertealte historische Besonderheit zurückgeht. Seit Generationen verbriefte Holzschlagrechte führten zur kontinuierlichen Nutzung und Bewirtschaftung des immensen Waldstücks westlich des Monte Penegal und diese Nutzung hat seine Spuren im Landschaftsbild hinterlassen, jedoch im positiven Sinne. Der Wald ist stark zergliedert und aufgelockert, so dass er sich heutzutage eher wie eine riesige mit lockeren Lärchenbestand bestandene Wiese präsentiert.
Wir haben nun den Aufstieg zum Mendelpass zu bewältigen. Eine Vielzahl an Wegen führt durch die Regole bergauf, bis diese auf der Largadana genannten Penegal-Flanke auf den alten, vom Mendelpass herüberziehenden Bewässerungsweg Sentiero dei Siori stoßen. Unser GPS-Track kombiniert diese im Lauf der Jahrhunderte entstandenen Holzschlagwege zu einer sehr schönen und weitestgehend bergauf fahrbaren Variante. Da wir erst an der Kreuzung (29,6km, 1460m) und Einmündung in den Bewässerungs-Trail auf Wegweiser treffen, gilt es davor, den GPS-Track genau im Auge zu behalten. Oft ignoriert unsere Wegführung den scheinbar dominanten Hauptweg und schlängelt sich auf unscheinbaren Nebenwegen vorwärts. Sobald wir die Wegweiser 515, Sentiero Italia und Sentiero dei Siori sehen, folgen wir diesen auf dem breiten Waalweg bis zur touristischen Siedlung am Mendelpass (32,5km, 1370m).
Das Schlußstück der heutigen Etappe bis zur bewirtschafteten Almhütte Malga di Romeno unter dem Gipfelaufbau des Monte Roen ist deutlich einfacher zu beschreiben: es vollzieht sich immer ansteigend über 6,5 km vollständig auf breiten, geschotterten Fahrstraßen im Wald und über offene Lichtungen, jedoch teils mit extremen Rampen, die langsam aber sicher ihren Tribut fordern. Man passiert dabei die beiden Ausflugslokale Enzianhütte (Rifugio Genzianella, 33,6km, 1404m) und die Halbweghütte (Rifugio Mezzavia, 36,0km, 1585m) – beide ohne Übernachtungsmöglichkeit. Erst nach weiteren 200 Höhenmetern mit Erreichen des Scheitelpunkts (1784m) und der Almhütte Malga di Romeno (38,9km, 1765m) haben wir unser Ziel und die verdiente Rast erreicht.
Alternativ kann man auch in der Überetscher Hütte des Südtiroler Alpenvereins auf der Nordseite des Monte Roen übernachten. Auf selber Höhe wie die Malga di Romeno gelegen, aber 800 Meter auf der Zufahrtsstraße linkerhand weiter.